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16.09.2025 | Katherina

Sicher ist Ihnen bekannt, dass für die Herstellung von Pelz, Leder, Wolle, Seide oder Daunen in der Modeindustrie unzählige Lebewesen leiden. Wussten Sie, dass sich hinter Perlmuttschmuck ebenfalls Tierleid verbirgt?

Als Perlmutt wird die schimmernde Innenschicht von Muschelschalen bezeichnet, die durch ihre einzigartige Struktur aus glänzenden, mineralischen Schichten entsteht. Wenn ein Fremdkörper in die Muschel gelangt und sie diesen mit einer schützenden Perlmuttschicht umhüllt, können sich «echte Perlen» bilden. Weltweit gibt es mehr als 10 000 Muschelarten, doch nur ein Bruchteil davon ist in der Lage, Perlmutt und damit Perlen zu produzieren. Von diesem kleinen Anteil bringen indessen längst nicht alle Muscheln Perlen hervor, die den Ansprüchen der Modeindustrie genügen. Die Qualität von Perlen wird anhand mehrerer Kriterien bewertet. So spielen Grösse, Form und Symmetrie, Oberflächenqualität, Glanz (Luster), Farbe, Herkunft sowie Art der Perle (natürlich oder gezüchtet) eine ausschlaggebende Rolle. Eine Kombination all dieser Faktoren bestimmt letztlich den finanziellen Wert einer Perle. Doch wie sieht es mit dem ethischen aus?

Muscheln sind lebende Tiere 

Muscheln gehören wie Tintenfische oder Schnecken zu den Weichtieren. Sie leben oft ortsfest im Süssund Salzwasser und erfüllen in ihren heimischen Gewässern eine wichtige ökologische Funktion, indem sie Schadstoffe wie z. B. Chemikalien aus dem Wasser filtern. Es sind sensible Wesen, die Sauerstoff benötigen und sich nur bei bestimmten Temperaturen und in sauberem Wasser wohlfühlen. Die Versauerung der Meere durch die Treibhausgasemission bleibt auch für das komplexe Ökosystem nicht ohne Folgen. Alle Meeresbewohner, die wie Muscheln eine Kalkschale bilden (z. B. Seesterne, Korallen, Seeigel oder Krebse) haben das gleiche Problem: wird Kohlendioxid vom Meer aufgenommen, reagiert es mit Wasser und wird zu Kohlensäure. Diese lässt den pH-Wert des Wassers sinken, es wird saurer und greift unter anderem die kalkige Schutzhülle von Muscheln an. Dadurch können diese nicht weiter als Schadstofffilter fungieren und fallen auch als Nahrungsquelle für andere Lebewesen aus.¹ 

Wie entsteht Perlmutt?

Perlen bestehen aus Perlmutt. Dieses produzieren Muscheln als eine Reaktion auf Fremdkörper oder Parasiten, die in ihr Gehäuse gelangen. Mittlerweile gilt es aus wissenschaftlicher Sicht als gesichert, dass Perlen nicht aus einem Sandkorn entstehen können. Andernfalls sähen sich die Weichtiere in ihrem natürlichen Lebensraum ständig von Unmengen an Sand bedroht, zudem wäre eine deutlich höhere Anzahl Perlen in freier Natur zu finden. Dennoch konnte bis dato noch nicht abschliessend geklärt werden, unter welchen genauen Umständen Muscheln Perlen ausbilden. Sicher ist jedoch, dass sich unter ihrer Schale ein schützender Mantel um das Weichtier legt und in der Lage ist, Perlmutt zu produzieren. Dringt ein Fremdkörper in das Innere der Muschel ein, wird eine Reaktion in deren Weichgewebe ausgelöst. Die Entstehung von Perlen entspricht einer Art Abwehrmechanismus der Muschel; sie schützt und stabilisiert damit ihre innere Umgebung. Nach dem Eindringen beginnt das Weichtier, eine Substanz namens Perlmutt (oder Nacre) herzustellen, um den Fremdkörper einzuschliessen und so zu isolieren. Diese Substanz besteht hauptsächlich aus Calciumcarbonat und organischen Verbindungen aus Proteinen, die als Bindemittel für die Calciumcarbonat- Kristalle dienen. Ausserdem erhält Perlmutt einen kleinen Anteil Wasser, der für dessen Elastizität sorgt. Schicht für Schicht wird also Perlmutt um die Verunreinigung gelegt, was letztlich zur Bildung einer Perle führt. 

BIS DATO KONNTE NOCH NICHT ABSCHLIESSEND GEKLÄRT WERDEN, UNTER WELCHEN GENAUEN UMSTÄNDEN MUSCHELN PERLEN AUSBILDEN.

Die einzigartige Perlmuttstruktur mit ihren schimmernden, irisierenden Effekten entsteht durch die Art und Weise, wie die Calciumcarbonat-Kristalle in mehreren Schichten übereinander angeordnet sind. Dies bringt den besonderen Glanz und die Farbreflexion hervor, welche Perlmutt auszeichnet. Übrigens: Perlmutt ist unglaublich hart und zerbricht erst unter hohen Belastungen. Die Härte ist vergleichbar mit Marmor oder Aluminium.

Zuchtperlen

Unter natürlichen Bedingungen entstandene Perlen sind meist kleiner und weniger perfekt. Zudem kann es in der Natur zwei oder mehr Jahrzehnte dauern, bis Muscheln «echte Perlen» gebildet haben. Greift der Mensch in diesen Prozess mittels Zuchtanlagen wie Aquakulturen ein, ist von Zuchtperlen die Rede. Durch das künstliche Einsetzen von Fremdkörpern und den dort vorherrschenden perfekten Bedingungen beschränkt sich die Wachstumszeit der Perlen auf zwei bis sechs Jahre. Üblicherweise werden Muscheln in verschiedenen aufeinanderfolgenden Produktionszyklen zur Perlenherstellung missbraucht und zudem häufig mehrere Perlen auf einmal in einer Muschel gezüchtet. Mittlerweile stammen etwa 99 Prozent aller Perlen aus Zuchtbeständen. Bei der Zucht im Meer kommen Muscheln der Gattung Pinctada (Perlmuschel) zum Einsatz. Aus Kostengründen kann bei der industriellen Perlenproduktion keine Rücksicht auf die natürlichen Bedürfnisse der Tiere genommen werden. Oft gehen die unter Zeitdruck stehenden Arbeitskräfte bei der Perlenentnahme gewaltsam vor, brechen oder schneiden die Schalen der lebenden Tiere auf und suchen rücksichtslos in ihren Körpern nach den Schmuckstücken. Bei der Entnahme sterben die Muscheln in der Regel ab. Nur bei sehr behutsamer Behandlung besteht die Chance, dass sie weiterleben. Die natürliche Lebensdauer von Muscheln hängt von ihrer Art ab. In freier Natur können z. B. Perlmuscheln der Gattung Pinctada unter idealen Bedingungen bis zu 20 Jahre alt werden. 

AUSSORTIERTE PERLEN WERDEN ZU PULVER VERMAHLEN, WELCHES Z. B. VON DER KOSMETIKINDUSTRIE WEITERVERARBEITET WIRD.

Es gibt indes selbst bei der Zucht keine Garantie für perfekte Perlen: Weniger als ein Drittel aller behandelten Muscheln entwickeln überhaupt Perlen und nur etwa zehn Prozent davon gelangen anschliessend in den Handel. Nicht handelbare Perlen werden bereits in den Zuchtanlagen aussortiert und zu Pulver vermahlen, welches beispielsweise von der Kosmetikindustrie aufgekauft und weiterverarbeitet wird. Meiden Sie daher für Ihre Hautpflege unbedingt Produkte mit Inhaltsstoffen wie Perlpulver, Pearl Powder, Mikronisierte Perlen oder Pearl Extract und achten Sie auf vegan-freundliche Labels (z. B. das V-Label). Da Muscheln nebst ihren Perlen auch ihres Fleisches und ihrer Schalen wegen getötet werden, ist Muschelschmuck weder vegan noch vegetarisch. 

DIE BISHER ÄLTESTE PERLE WURDE BEI AUSGRABUNGEN AUF DER INSEL MARAWAH VOR DER KÜSTE
VON ABU DHABI GEFUNDEN UND AUF 5800 BIS 5600 VOR CHRISTUS DATIERT.

Vegane Alternativen 

Wer trotz veganem Lebensstil nicht auf die einzigartige Optik von Perlmutt verzichten möchte, kann auf Kunstperlen zurückgreifen. Diese haben ein ähnliches Aussehen, sind jedoch tierfreundlich und deutlich leichter sowie günstiger herzustellen als echte Perlen. Als besonders hochwertig gelten Kunstperlen, die aus Glas oder Harz (Resin) gefertigt und mit einer synthetischen oder mineralischen Perlmuttschicht überzogen wurden. Harzperlen sind langlebiger als z. B. Kunststoffperlen und je nach Herstellungsverfahren von echtem Perlmutt kaum mehr zu unterscheiden.

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