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Vegetarische Richtlinien der Schweiz

Einer Initiative von Swissveg ist es zu verdanken, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Schweiz 2007 zum ersten Mal offizielle Richtlinien zur vegetarischen Ernährung veröffentlicht hat.

Die Arbeitsgruppe

Lange Jahre intensiver Diskussionen sind diesem 71-seitigen Bericht vorausgegangen. Den Impuls dazu bekam das BAG bereits im Jahre 2001 von Swissveg. Damals wurde das BAG dazu aufgefordert, die vegetarische Ernährung in seinen Ernährungsempfehlungen mit zu berücksichtigen. Als Folge dieser Initiative wurde eine «Arbeitsgruppe Vegetarier» gegründet. Deren Aufgabe war es, einen Bericht zu erstellen, der als Grundlage für künftige Empfehlungen zur vegetarischen Ernährung dienen soll. Im aus verschiedenen Fachgebieten zusammengesetzten Expertenteam gab es auch einen Vertreter der VeganerInnen und VegetarierInnen: Swissveg-Präsident, Renato Pichler.
Der Bericht richtet sich vor allem an Fachpersonen, da er diese auf mögliche Risiken der vegetarischen bzw. veganen Ernährung aufmerksam macht.

Zusammenfassung

Seit 31. Mai 2007 ist der ExpertInnenbericht der Eidgenössischen Ernährungskommission vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) zur vegetarischen Ernährung im Internet veröffentlicht. Der Titel: «Gesundheitliche Vor- und Nachteile einer vegetarischen Ernährung». Die wichtigsten Ergebnisse aus dem Bericht

«Es geht auf Grund der heutigen Erkenntnisse klar her:vor, dass Personen mit einer ovo-lacto-vegetarischen Ernährung im Vergleich zu Omnivoren
• weniger häufig an Herzkreislauferkrankungen sterben und bessere Blutlipidwerte aufweisen
• weniger häufig an Krebs sterben und auch ein kleineres Risiko haben, an Krebs zu erkranken
• tiefere Blutdruckwerte haben und tiefere BMI-Werte haben.»

«Die Erfahrungen zeigen, dass hier die notwendige Zufuhr der Nährstoffe erfüllt werden kann und dass diese Gruppe der Vegetarier gesünder ist als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung.»

Erstmals wird die ovo-lacto-vegetarische Ernährung empfohlen:

«Von den verschiedenen Formen der vegetarischen Ernährung kann die ovo-lacto-vegetarische Ernährung für gesunde Erwachsene als gesunde Ernährungsweise betrachtet werden.»

Und:

«Die Erfahrungen zeigen, dass hier die notwendige Zufuhr der Nährstoffe erfüllt werden kann und dass diese Gruppe der Vegetarier gesünder ist als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung.»


Mögliche Risiken

Ein wesentlicher Teil des VegetarierInnen-Berichtes befasst sich mit möglichen Risiken der vegetarischen bzw. veganen Ernährung. Dass solche möglichen Risiken recht gut bekannt sind, ist kein Nachteil gegenüber der fleischreichen Ernährung. Im Gegenteil:

«Ein Vorteil der ovo-lacto-vegetarischen Ernährung besteht darin, dass man die Risiken ziemlich genau kennt, und somit auch eine gezielte Supplementation der kritischen Nährstoffe möglich ist. [...] Eine solche Supplementation ist immer dann besonders wichtig, wenn eine vorübergehende Unausgewogenheit der Ernährung vorliegt.»

Gegenüber der fleischreichen Ernährung besteht bei der vegetarischen Ernährung nicht das Problem, dass man von einem Nährstoff zu viel erhält (z.B. zu viel Vitamin C wegen hohem Früchtekonsum), sondern nur darin, dass bei einseitiger Ernährung gewisse Nährstoffe zu kurz kommen könnten. Solche Mängel können durch korrekte Nahrungsmittelauswahl oder Supplemente korrigiert werden. Anders sieht es bei der omnivoren Ernährung aus: Zwar kann man auch dort Mängel mit Supplementen korrigieren (z.B. Folsäure, Antioxidantien), aber das Zuviel an Cholesterin und anderen gesättigten tierischen Fetten kann man aus dem Körper nicht mehr entfernen. Auch die in tierischen Nahrungsmitteln immer stärker konzentrierten Schadstoffe können, einmal konsumiert, nicht mehr so einfach aus dem Körper entfernt werden.

Weshalb war es aber wichtig, in einem VegetarierInnen-Bericht auch auf mögliche Mängel hinzuweisen, obwohl die allermeisten VegetarierInnen gesund sind?

Genau dies ist einer der Gründe: Da VegetarierInnen viel seltener als Fleischesser bei ÄrztInnen anzutreffen sind, fehlt es den meisten Ärzten an der nötigen Erfahrung in diesem Bereich.
Ein Beispiel: Bei Fleischessern kommt ein Vitamin-B12-Mangel sehr häufig zusammen mit einem Folsäuremangel. Da VegetarierInnen und insbesondere VeganerInnen aber viel seltener einen Folsäuremangel haben (Folsäure kommt vor allem in pflanzlichen Produkten vor), sind die Symptome unterschiedlich. Eine unerfahrene Ärztin bzw. ein unerfahrener Arzt kann deshalb unter Umständen einen Vitamin-B12-Mangel nicht sofort erkennen, weil er gewohnt ist, dass dieser zusammen mit einem Folsäuremangel auftritt.
Ein Bericht über die vermutlich viel grösseren Risiken einer fleischreichen Ernährung ist deshalb kaum nötig, da die ÄrztInnen mit den Krankheitsbildern, die aus dem hohen Fleischkonsum resultieren, immer wieder konfrontiert werden.
Auch wenn im VegetarierInnen-Bericht einige mögliche Risiken aufgezeigt werden, sind diese im Verhältnis zur fleischreichen Ernährung recht klein:

«Bei den Ovo-lacto-Vegetariern sind die genannten Risiken klein, sofern sie ein breites pflanzliches Angebot bei ihrer Nahrungsauswahl berücksichtigen. Diese Ausgewogenheit ist ähnlich wichtig wie bei Omnivoren [= Nicht-Vegetarier] während Wachstumsphasen, Schwangerschaft und bei älteren Leuten.»


Vegane Ernährung

Hauptzweck dieses Berichtes war es, eine Grundlage für offizielle Ernährungsempfehlungen zu liefern. Da es sich um allgemeingültige Empfehlungen handelt, ist das BAG mit seinen Formulierungen immer sehr zurückhaltend und muss alle Eventualitäten mit berücksichtigen (mögliche einseitige Ernährung, Schwangerschaft etc.). Deshalb war eine ganz allgemeine, uneingeschränkte Empfehlung der veganen Ernährung nicht möglich.

«Bei Veganern erhöhen sich durch den zusätzlichen Verzicht auf alle tierischen Produkte die Risiken für eine mangelnde Zufuhr dieser Nährstoffe. Insbesondere auf die genügende Zufuhr des Vitamins B12 muss geachtet werden. Auch die Veganer können sich einer guten Gesundheit erfreuen, sofern sie über ein grosses Ernährungswissen verfügen und genügend Erfahrung besitzen, um sich so zu ernähren, dass die erhöhten Risiken auch während längeren Lebensphasen wie Wachstum, Schwangerschaft und Alter kompensiert werden.»

Dennoch wurde zugestanden, dass bei entsprechender Fachkenntnis auch vegan lebende Menschen gesund sein können:

«Man kann diese Ernährungsform aber durchaus als eine ‹Nischenernährungsweise› betrachten, die bei korrekter Anwendung zu einem guten gesundheitlichen Resultat führen kann.»

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