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Wer bestimmt, was wir essen?

Ein Blick hinter die offiziellen Ernährungsempfehlungen zeigt, wie sehr die Richtlinien von den Nahrungsmittellobbys beeinflusst werden.

Ernährung soll grundsätzlich möglichst lustvoll und unkompliziert sein. So ist es von der Natur aus vorgesehen und so wurde es auch jahrtausendelang gehandhabt. Kein Tier auf der Welt macht sich Gedanken, ob es wohl auch genügend Vitamine aufnimmt oder ob die zugeführte Menge an Kohlenhydraten und Eiweissen im richtigen Verhältnis zueinander steht. In der Natur dienen ganz einfach die Produkte zur Nahrung, die am einfachsten zur Verfügung stehen.
Der Mensch macht es sich da schon um einiges komplizierter und dennoch – es scheint, dass man sich trotz aller wissenschaftlicher Untersuchungen und Forschungen noch immer nicht einig ist, was denn nun wirklich gesund ist.

Geschichte der Lebensmittel-Richtlinien

Seitdem Ende des 18. Jahrhunderts die ersten Fertigprodukte erfunden wurden, können wir uns beim Essen nicht mehr einfach auf unseren Instinkt verlassen. In der Natur ist klar: Was gut schmeckt, ist auch gut. Doch seit Nahrungsmittel mit Geschmacksverstärkern, Aromen und künstlichem Zucker «verfeinert» werden, ist es unmöglich geworden, sich allein nach unserem Geschmack zu richten – denn gut schmecken Fertigprodukte zweifellos. 
Während dieser Zeit kamen auch die Massentierhaltung und Extremzüchtungen von Nutztieren auf. Dadurch wurden tierische Produkte immer billiger und somit zu Massenprodukten in der Ernährung wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Der «Sonntagsbraten» wurde zum täglichen Hamburger und Milch wird heute bereits drei- bis viermal täglich empfohlen.
Dabei ist aber immer deutlicher geworden, dass der hohe Fett- und Zuckeranteil für viele ernährungsbedingte Krankheiten verantwortlich ist. Solche Gesundheitsprobleme wurden nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich die Leute vermehrt Fertigprodukte leisten konnten, zu einem ernsten Problem. Die Ernährungsgewohnheiten hatten sich völlig gewandelt, und es wurde zur Aufgabe der Behörden, der Bevölkerung zu vermitteln, wie genau eine gesunde Ernährung aussehen sollte.

Die Lebensmittelpyramide

1991 erschien zum ersten Mal eine Richtlinie in Form einer «Eating Right Pyramid» von der US-amerikanischen Landwirtschaftsbehörde (USDA), die empfahl, vor allem Getreide, Früchte und Gemüse zu konsumieren sowie die Zufuhr von Fleisch- und Milchprodukten zu reduzieren. Doch daraufhin reagierte die Fleisch- und Milchlobby prompt mit starkem Protest, woraufhin die USDA noch im gleichen Jahr eine neue Pyramide veröffentlichte, in der auch der Milch- und Fleischkonsum zwei- bis dreimal täglich empfohlen wurde. Dabei haben Studien schon damals gezeigt, dass Personen, die sich an diese Anweisungen halten, weniger gesund sind als Leute, die auf diese Produkte verzichten.

Die Tricks der Nahrungsmittelhersteller

Auch die Nahrungsmittelhersteller versuchen mit allen Mitteln, gegen ihr schlechtes Image vorzugehen. Eine Methode ist es, ihre Produkte optisch gesünder zu machen, als sie sind. Dazu wird zum Beispiel auf den Verpackungen der Anteil ihrer Produkte an der empfohlenen Tagesdosis angegeben. Auf den ersten Blick sehen diese Angaben ganz vernünftig aus. Erst wer genauer hinschaut, dem fällt auf, dass die Grösse der Portion unrealistisch klein angegeben ist. 
Ein anderer Trick ist es, die Tagesdosis für den Energiebedarf eines Erwachsenen zu berechnen, obwohl zum Beispiel Kellog’s Smacks oder Frosties ein Spielzeug enthalten und definitiv Kinder ansprechen, die natürlich einen geringeren Energiebedarf haben.
[Demonstration in Österreich] Andere Firmen versuchen durch die Verwendung der Nahrungsmittelpyramide Seriosität vorzugaukeln. Nestlé zum Beispiel hat selber eine Pyramide erstellt, in der ihre Nahrungsmittel aufgeführt sind. Dass die Produkte zum grossen Teil Industriezucker und einen hohen Fettanteil enthalten, wird verschwiegen.
Auch ein Pasta-Hersteller macht sich die Lebensmittelpyramide zunutze. Als unterste Ebene (noch vor Gemüse und Früchten) werden Kohlenhydrate aufgeführt – natürlich am besten in Form von Pasta!

Umstrittene Lebensmittelpyramide

Aber auch sonst ist die Lebensmittelpyramide umstritten. Zumal die optische Darstellung für uns ungewohnt ist und sich nur schwierig im Alltag umsetzen lässt. Psychologisch sind es die Menschen gewohnt, dass auf der Spitze eines Objektes das Wertvollste zu finden ist. Bei der Lebensmittelpyramide ist es genau umgekehrt. Man muss nach unten sehen, um die Produkte zu finden, die man am häufigsten essen soll. Psychologisch werden dadurch also die falschen Produkte auf das Podest gehoben. Ausserdem ist es so, dass Menschen nun einmal aus Tellern essen und nicht aus Pyramiden. Übersichtlicher wäre deshalb wohl eher eine Darstellung in Form eines Kreises, wie ihn zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Ernährung verwendet. Auch die unabhängige amerikanische Ärzteorganisation PCRM verwendet für die Illustration der optimalen Ernährungsrichtlinien die Form eines Tellers, bei dem sogar ganz auf tierische Produkte verzichtet wird. Je ein Viertel Früchte, Getreide, Gemüse und Hülsenfrüchte enthalten alle Nährstoffe, die für eine gesunde und ausgewogene Ernährung nötig sind.

Ampel? Nein danke!

[Demonstration in Österreich] Häufig diskutiert wird auch über ein Ampelsystem. Bei diesem System, das in England bereits verwendet wird, werden kritische Zutaten wie Zucker, Fette und Salz je nachdem rot, grün oder gelb hervorgehoben und machen es so einfach zu erkennen, wie gesund – oder eben ungesund – ein Produkt tatsächlich ist. Verständlich, dass solch eine eindeutige und schlecht manipulierbare Kennzeichnung den Herstellern von Fertigprodukten nicht sehr willkommen ist. Weshalb sie sich – mit Erfolg – bis jetzt gegen die Durchsetzung eines solchen Systems wehren. 
Gleichzeitig versuchen die Lobbyisten auf die Bewertungskriterien Einfluss zu nehmen. Zum Beispiel, dass für tierische Produkte wie Käse und Fleisch andere Grenzwerte gelten sollen als für Früchte und Gemüse, da sonst die meisten tierischen Produkte eine rote Ampel beim Fettgehalt und die meisten (verarbeiteten) tierischen Produkte auch ein Rot für ihren Salzgehalt erhalten würden.

Behörden werden beeinflusst

Der Blick hinter das Gesundheitssystem macht deutlich, dass gewisse Industriezweige die behördlichen Empfehlungen stark beeinflussen. Die Nahrungsmittelindustrie übt einen grossen wirtschaftlichen Einfluss aus, dem die zuständigen Stellen anscheinend nicht gewachsen sind. Wer sich also Gedanken um seine Gesundheit macht, ist wohl besser damit beraten nicht (nur) auf die öffentlichen Stellen zu hören, sondern kritisch zu hinterfragen, welche Interessen wirklich vertreten werden und sich auch bei unabhängigen Stellen beraten zu lassen.

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