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Widersprüche der Schweizer Politik

Widersprüche der Schweizer Politik

Vermerk: Die Kampagne «Widersprüche der Schweizer Politik» inkl. Petition «Schluss mit diesem Widerspruch, keine politische Förderung von tierischen Produkten!»  ist nun beendet. Wir konnten 2176 Petitionsunterschriften in Bern einreichen. Mehr dazu finden Sie im Blogbeitrag Kampagne «Widersprüche der Schweizer Politik» inkl. Petition in Zahlen.

In der Schweiz sind verschiedene Bundesämter für verschiedene Bereiche zuständig. Dass die Bundesämter unterschiedliche Sichtweisen auf dasselbe Problem haben, ist verständlich. Dass dabei aber Situationen entstehen, in denen sich Aussagen oder Handlungen der Bundesämter diametral entgegen stehen, ist unverständlich. Swissveg deckt deshalb einige politische Widersprüche auf und fordert mit einer Petition die Auflösung dieser Widersprüche.

Gesundheit vs. Fleischwerbung

Gesundheit vs. Fleischwerbung

In der Schweiz wird 3x mehr Fleisch gegessen als empfohlen, trotzdem unterstützt der Bund Fleischwerbung mit Millionen.

Tierwohl vs. Gewinn

Tierwohl vs. Gewinn

Die Tierwürde muss geachtet werden, ausser wenn das Tier Gewinn bringen soll.

Klima vs. tierische Produkte

Klima vs. tierische Produkte

Das Erreichen der Klimaziele hat hohe Priorität, doch eine klimaschonende Ernährung wird ignoriert.

 

Gesundheit vs. Fleischwerbung

  

 

 In der Schweiz wird 3x mehr Fleisch gegessen als empfohlen, trotzdem unterstützt der Bund Fleischwerbung mit Millionen.

Laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) wird in der Schweiz mehr als das Dreifache der empfohlenen Menge Fleisch konsumiert: Durchschnittlich sind es 111 g Fleisch pro Person pro Tag. Davon sind 67 g unverarbeitetes Fleisch (27 g sind Geflügelfleisch) und 44 g sind verarbeitete Fleischprodukte.1 Die negativen gesundheitlichen Konsequenzen des Fleischkonsums sind bekannt: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft verarbeitetes Fleisch wie Wurstwaren, Schinken und Speck seit 2015 in die höchste Krebs-Risikogruppe (Gruppe 1) ein. Der Verzehr von rotem Fleisch wird von der WHO in die Risikogruppe 2A aufgenommen, was als «wahrscheinlich krebserregend für den Menschen» gilt. In der entsprechenden Medienmitteilung 2015 schrieb die WHO: «Die Experten kamen zum Schluss, dass pro 50 Gramm verarbeitetes Fleisch, das täglich verzehrt wird, das Risiko für Dickdarmkrebs um 18% erhöht wird».2 Nicht nur ist der Fleischkonsum in der Schweiz laut BLV zu hoch, sondern der Konsum von Gemüse, Früchten, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten ist zu niedrig. 

Dennoch wird Proviande unter anderem durch Bundesgelder finanziert.3 Vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) wurden 2021 5,8 Millionen für die Absatzförderung und die Förderung der Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft (Projekt Savoir-Faire4) sowie weitere 5,7 Millionen für den Leistungsauftrag an Proviande bezahlt, also insgesamt 11,5 Mi­l­lionen Franken.5 Den Zuschlag für die Leistungsvereinbarung für die Periode 2022 bis 2025 hat Proviande bereits zum siebten Mal erhalten. Dabei geht es um Vollzugsaufgaben im Hinblick auf die Schlachtviehverordnung, unter anderem zur Überwachung der öffentlichen Schlachtviehmärkte und zur neutralen Qualitätseinstufung von Schlachttieren.6 Die Fördermittel des BLW für die Absatzförderung werden auch in Exportprojekte gesteckt: Zum Beispiel das «Exportprojekt China», bei dem es darum geht «geniessbare Nutznebenprodukte» (beispielsweise Produkte vom Schwein wie Füsse, Ohren, Schwänze und Innereien) in China zu vermarkten.7 Im Vergleich zum Jahr 2020 ist der Dienstleistungsertrag von Proviande 2021 höher. Wie Proviande schreibt, auch «dank mehr Schlachtungen und somit höheren Branchenbeiträgen».8 Dies bestätigt: Der Fleischverbrauch hat in den letzten Jahren leicht zugenommen – mit gewissen Schwankungen. Der Rückgang ging vor allem auf das Konto von Schweine- und Kalbfleisch, während Hühnerfleisch mit einem Plus von 3,5 kg pro Person über die letzten zehn Jahre zugelegt hat: Im Jahr 2021 wurden pro Kopf 14,8 kg Hühnerfleisch konsumiert, 2012 waren es 11,3 kg.9

Weshalb spricht das BLW Subventionen für etwas aus, das aus Sicht des BLV reduziert werden müsste? Das ergibt keinen Sinn! Unterschreibe unsere Petition «Schluss mit diesem Widerspruch, keine politische Förderung von tierischen Produkten!».

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Tierwohl vs. Gewinn

 

Die Tierwürde muss geachtet werden, ausser wenn das Tier Gewinn bringen soll.

Der Wert, den beispielsweise ein Schwein unabhängig von seiner Leistung und der subjektiven Wahrnehmung durch andere hat, wird mithilfe des in der Bundesverfassung (BV) eingeführten Begriffs «Würde der Kreatur» (Art. 120) zu schützen gesucht. Unter diesen Begriff fallen nichtmenschliche Tiere sowie bestimmte andere Organismen. Im Tierschutzgesetz (TSchG)10 wird explizit von der Würde des Tieres gesprochen. In Art. 3 lit a TSchG wird der Begriff «Würde» präzisiert: «Eigenwert des Tieres, der im Umgang mit ihm geachtet werden muss. Die Würde des Tieres wird missachtet, wenn eine Belastung des Tie­res nicht durch überwiegende Interessen gerechtfertigt werden kann. Eine Belastung liegt vor, wenn dem Tier insbesondere Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, es in Angst versetzt oder erniedrigt wird, wenn tiefgreifend in sein Erscheinungsbild oder seine Fähigkeiten eingegriffen oder es übermässig instrumentalisiert wird». In Artikel 4 TSchG wird dann näher erläutert, was im Umgang mit Tieren im Hinblick auf ihre Würde zu beachten ist: «Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufü­gen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Das Miss­handeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren ist verbo­ten» (Art 4, Abs. 2) und «Der Bundesrat verbietet weitere Handlungen an Tieren, wenn mit diesen deren Würde missachtet wird» (Art. 4, Abs. 3). 

Bereits der Wortlaut des Art. 4 weist darauf hin, dass die Tierwürde nicht absolut gilt, sondern gegen menschliche Interessen abgewogen werden darf. Somit kann das Zufügen von Schmerzen, Leiden oder Schäden sowie das in Angst versetzen und Erniedrigen gerechtfertigt und vor dem Gesetz zulässig sein. Je nach Situation mag dies dem Wohl des Tieres dienen: Zum Beispiel würde ein Hund nicht unbedingt freiwillig zum Tierarzt gehen, um eine lebensnotwendige Operation über sich ergehen zu lassen. Dennoch ist es dem Wohl des Hundes dienlich, wenn seine Besitzerin mit ihm zum Tierarzt geht und der Hund vorübergehend in Angst versetzt wird und Schmerzen erleidet. Das Hauptproblem dieses Gesetzesartikels liegt vielmehr darin, dass existenzielle tierliche Interessen weniger gewichtet werden als nicht-existentielle menschliche Interessen. Es geht darum, wie wir Menschen unsere nicht-existenziellen Interessen befriedigen können und dabei das Wohl der Tiere möglichst wenig beeinträchtigen. Dass existenzielle Interessen von Tieren stärker gewichtet werden als nicht-exiszentielle Interessen von Menschen steht gar nicht zur Debatte. 

Ein Beispiel, wie tierliche Interessen menschlichen Interessen untergeordnet werden, ist deren Tötung. Laut Gesetz sollte eine «angst- und schmerzfreie Tötung» ermöglicht werden: Tiere müssen fachgerecht, das heisst angst- und schmerzfrei, getötet werden. Dabei zählt nicht nur ihre Würde, das heisst die Sicht des Tierschutzes, sondern auch die Arbeitssicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Methode. Noch immer ist die Begasung mit Kohlendioxid die erste Wahl: Zum Beispiel bei der Tötung von Nutztieren zur Fleischproduktion und im Rahmen von Tierversuchen. So können viele Tiere sehr kostengünstig getötet werden. Doch es ist bekannt, wie auch das BLV festhält, dass CO2 die Luftwege reizt, wenn es in hohen Konzentrationen eingeatmet wird. Deshalb löst diese Methode bei den betroffenen Tieren Schmerzen, Atemnot und Angst aus. Wie das BLV selbst schreibt, tritt die Bewusstlosigkeit je nach Tierart erst nach mehreren Sekunden oder sogar erst nach Minuten ein.11 Diese Symptome stehen in starkem Widerspruch zur Achtung der Würde. Vor allem aufgrund der Wirtschaftlichkeit ist die Begasung mit Kohlendioxid aber weiterhin erlaubt. In diesem Fall wird auf gesetzlicher Ebene die Würde nicht verletzt, weil den Tieren «gerechtfertigt» Schmerzen zugefügt werden und es auch «gerechtfertigt» in Angst versetzt wird.

Weshalb wird die Achtung der Tierwürde im Gesetz verankert, wenn es schliesslich nahezu immer erlaubt ist, die Würde des Tieres zu missachten? Das ergibt keinen Sinn! Unterschreibe unsere Petition «Schluss mit diesem Widerspruch, keine politische Förderung von tierischen Produkten!».

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Klima vs. tierische Produkte

 

Das Erreichen der Klimaziele hat hohe Priorität, doch eine klimaschonende Ernährung wird ignoriert.

Die durch den Klimawandel bedingten Veränderungen sind bereits heute auch in der Schweiz spürbar: Die Wälder verändern sich, die Gletscher schmelzen. Die Schweiz sieht Handlungsbedarf und hat eigene Klimaziele verabschiedet und eine Strategie inklusive Massnahmen entwickelt, um diese zu erreichen. Bis 2050 soll die Schweiz keine Treibhausgase mehr ausstossen. Dieses Netto-Null-Ziel hat der Bundesrat 2019 beschlossen. Im Januar 2021 wurde daraufhin die «Langfristige Klimastrategie der Schweiz» verabschiedet. Darin werden die Leitlinien für die Klimapolitik festgelegt sowie Ziele und Massnahmen beschrieben. Für jeden Sektor, darunter auch für den Sektor «Landwirtschaft und Ernährung», wurde eine strategische Zielsetzung erarbeitet. Einführend wird erläutert: «Schliesslich stammt rund die Hälfte der in der Schweiz produzierten Nahrungsmittel aus der Tierproduktion. Der Anteil der Tierproduktion an den landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen beträgt gut 85 Prozent».12 Das zeigt: Beim Sektor der Nutztierhaltung könnte viel bewirkt werden. Doch die Rahmenbedingungen begünstigen weiterhin die Produktion tierischer Produkte anstatt die Herstellung pflanzlicher Produkte zu fördern: Nur ein Fünftel der staatlichen Unterstützung fliesst in pflanzliche Produkte, wogegen vier Fünftel der Produktion tierischer Produkte zugute kommt.13

Zwar spielt die Landwirtschaft in der Klimastrategie der Schweiz auch eine Rolle, die klimaschonende vegane Ernährung wird in diesem Zusammenhang aber komplett ignoriert. Dabei ist eine vegane Ernährung äusserst klimaschonend. Es fliessen nämlich diverse Aspekte wie Wasser- und Landverbrauch, die Entstehung von Treibhausgasen und andere Punkte in den ökologischen Fussabdruck mit ein. Für die Herstellung tierischer Produkte werden beispielsweise Unmengen an Wasser verbraucht: Die Produktion eines Rindfleisch-Steaks à 200 g benötigt gleich viel Wasser wie die Produktion von 120 Kartoffeln à 89,5 g.14 In der Schweiz werden rund 67% der landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Tierhaltung und den Futtermittelanbau für Nutztiere ver­wendet. Zudem importiert die Schweiz heute 800 Tonnen Soja pro Tag, hauptsächlich aus Brasilien. Denn um 1 kg Fleisch zu erzeugen, benö­tigt man 7–16 kg Getreide oder Sojabohnen. Bei der «Umwandlung» von Getreide in Fleisch gehen durch diese künstliche Verlängerung der Nahrungskette 90% der Kalorien verloren. Hinzu kommt, dass der Körper der sogenannten Schlacht­tiere nur einen kleinen Teil des tatsächlich gewünschten Fleisches hergibt. Beim Rind beträgt der Gewichtsanteil an Fleisch (ohne Knochen) nur gerade 35%, beim Kalb 39%. Schlussendlich ergeben 10 kg Getreide also noch gerade mal 350 g genussfertiges Rindfleisch. Dies ist als die effektivste Form von Nahrungsmittelvernichtung zu bezeichnen. Nicht zuletzt erzeugt der Nutztiersektor mehr Treibhausgase als der gesamte welt­weite Verkehr: Die Herstellung von einem Kilogramm Rindfleisch belastet das Klima so stark wie 250 Kilometer Autofahren.15 Dabei hat die vegane Ernährung einen grösseren positiven Einfluss auf den CO2-Ausstoss, als eine regionale und saisonale Ernährung: Ein Steak vom nachbarlichen Bauernhof produziert nämlich mehr CO2 als zwölf Avocados aus Mexiko.16

Weshalb werden Klimaziele, und Massnahmen zu deren Erreichung, verabschiedet und dabei ein sehr grosser Hebel, nämlich die vegane Ernährung, ignoriert? Das ergibt keinen Sinn! Unterschreibe unsere Petition «Schluss mit diesem Widerspruch, keine politische Förderung von tierischen Produkten!».

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Unverändert dürfen die Kampagnen-Bilder ohne Rückfrage weiterverbreitet werden.

 

Weitere Widersprüche

  • Subventionspolitik vs. Kostenwahrheit: Die durch tierische Produkte verursachten Kosten übersteigen die pflanzlicher Lebensmittel bei Weitem. Trotzdem wird ihre Herstellung vom Bund unverhältnismässig stark gefördert.
  • Strenges Tierschutzgesetz vs. mangelhafter Vollzug: Es heisst, die Schweiz hätte ein strenges Tierschutzgesetz. Doch die Umsetzung der Tierschutzbestimmungen sowie die anschliessende Kontrolle sind äusserst mangelhaft.

 

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