Ob Aufstrich, Glace oder Bodylotion: Palmöl ist das am häufigsten genutzte und produzierte Öl der Welt. Die meisten Menschen sind sich bewusst, dass dessen Herstellung äusserst problematisch ist. Auch die Industrie hat das Problem erkannt und in den letzten zwanzig Jahren Bemühungen unternommen, die Produktion nachhaltiger zu gestalten. Doch können wir diesen Versprechen trauen?
Die Bilder verzweifelter Orang-Utans im abgebrannten Regenwald gingen vor rund 20 Jahren um die Welt. Sie standen exemplarisch für das immense Leid und die Zerstörung, die durch den intensiven Palmölanbau in Indonesien und Malaysia entsteht. Die Industrie reagierte und gründete 2004 den Verein Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO). Gründungsmitglieder sind der WWF, die Migros, Unilever und der internationale Pflanzenölverarbeiter AAK. Seither ist es ruhiger geworden um das Thema. Doch verschwunden ist die Problematik nicht, ganz im Gegenteil: Seit 2010 ist die weltweite Palmölproduktion um rund 70 Prozent angestiegen.1 Auf Borneo bedecken die Plantagen ca. 15 Prozent der gesamten Fläche und sind für einen enormen Regenwaldverlust verantwortlich.2 Der grösste Produzent ist Indonesien, das Land liefert über die Hälfte der globalen Palmölernte. Auch die Schweiz gehört zu den Abnehmern: Über 14 000 Tonnen Palmöl wurden laut dem Palmöl Netzwerk Schweiz letztes Jahr importiert. Zum ersten Mal seit Jahren gab es wieder einen Anstieg. Die Hauptprobleme des intensiven Palmölanbaus sind die Abholzung und die damit verbundenen Biodiversitätsund Habitatverluste für zahlreiche Tierarten, die Vertreibung indigener Gemeinschaften sowie schlechte Arbeitsbedingungen mit teilweise Kinderarbeit.
Irreführende Versprechungen?
Auch wenn das RSPO-Siegel mittlerweile auf vielen Produkten der hiesigen Supermärkte prangt, ist nachhaltig zertifiziertes Palmöl nach wie vor ein Nischenprodukt und macht lediglich 20 Prozent der weltweiten Produktion aus. Damit Produzenten das RSPO-Label erhalten, müssen sie Mitglied des Vereins sein und verschiedene Kriterien und Standards erfüllen:
- Keine Rodung von Primärwäldern und ökologisch wertvollen Waldflächen
- Schutz von gefährdeten Tier- und Pflanzenarten
- Schutz von Wasser, Boden und Luft
- Einhaltung gesetzlicher Regelungen, darunter Landnutzungs- und Eigentumsrechte
- Keine Kinderarbeit
- Unabhängige Kontrolle der Plantagen
Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen werfen dem RSPO seit seiner Gründung Greenwashing vor und kritisieren, dass die Standards zu wenig streng seien und die Kontrollen nicht ausreichten. Die Kritik ist teilweise berechtigt, wie Recherchen von Foodwatch und des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) zeigen. 2024 haben die Organisationen eine Beschwerde bei Edeka eingereicht und fordern darin die Supermarktkette auf, ihrer Verantwortung bezüglich Menschenrechten in der Palmöllieferkette nachzukommen.3
Welche Alternativen gibt es?
Viele Menschen möchten aus genannten Gründen auf Palmöl verzichten. Das haben auch die Hersteller erkannt und bieten eine Vielzahl an «Palm oil free» gelabelten Produkten an. Meist wird das Öl durch Kokosfett ersetzt, das über ähnliche Eigenschaften verfügt, aber ein besseres Image hat. Doch das täuscht leider: Das tropische Öl wird ebenfalls in Monokultur- Plantagen angebaut und ist dabei weit weniger ertragreich als Palmöl. Das bedeutet, dass für denselben Ertrag viel mehr Fläche benötigt wird. Teilweise wird auch Raps- oder Sonnenblumenöl als Ersatz verwendet. Diese Öle haben allerdings den Nachteil, dass sie (teil-)gehärtet werden müssen, was negative gesundheitliche Auswirkungen haben kann. Die drei wichtigsten Ölpflanzen Soja, Raps und Sonnenblumen, werden auf insgesamt 203 Millionen Hektaren angebaut und liefern etwa 52 Prozent des weltweiten Pflanzenöls. Die Ölpalme hingegen benötigt nur 23 Millionen Hektaren Fläche und generiert 40 Prozent des weltweiten Öls – sie ist somit deutlich effizienter.4

Detailhandel in der Schweiz
Die grossen Schweizer Detaillisten sind sich der Problematik bewusst und versuchen auf verschiedene Weise, für mehr Nachhaltigkeit und Transparenz zu sorgen. So ist Coop seit 2004 Mitglied des RSPO und geht noch einen Schritt weiter, indem er sein Palmöl von drei Bio Suisse zertifizierten Palmölplantagen in der Elfenbeinküste bezieht und es sowohl in Bio- wie auch in konventionellen Produkten einsetzt. Auch die Migros setzt auf RSPO-Palmöl. Aldi Suisse verwendet bei den Eigenmarkenprodukten Palmöl mit dem RSPO-Label. Bei den Bio-Produkten versucht der Detailhändler, auf tropische Fette zu verzichten. Lidl Schweiz bezieht für seine Eigenmarken ebenfalls Palmöl aus nachhaltigen Quellen.
Zudem arbeitet das Palmöl Netzwerk Schweiz eng mit diesen Händlern zusammen, um die Lieferketten transparenter zu gestalten und nachhaltige Standards zu fördern. Der WWF veröffentlicht jährlich den sogenannten Palmöl-Check, mit dem grosse Unternehmen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitsleistung bewertet werden. Die Bewertungsskala reicht von 0 bis 25 Punkten, wobei höhere Werte eine bessere Nachhaltigkeitsperformance anzeigen. Alle vier genannten Schweizer Detailhändler erzielen Scores von über 19 Punkten, was der WWF als «Leading the Way» – also führend – bezeichnet.
Palmöl von Kleinbauern
Nebst dem RSPO existieren auch langjährige Initiativen von Bio-Produzierenden wie etwa das Serendipalm- Projekt des Bio-Seifenproduzenten Dr. Bronner's. Im westafrikanischen Ghana produzieren rund 600 Kleinbauern Bio- und Fairtrade-zertifiziertes Palmöl, das unter anderem auch von Rapunzel Naturkost und Gepa verwendet wird. Ziel des Projekts ist es, lokale Gemeinschaften und umweltfreundliche Anbaumethoden zu stärken, soziale Fairness zu fördern und Umweltstandards einzuhalten. Die Initiative legt Wert auf transparente Lieferketten, direkte Partnerschaften mit Kleinbauern und das Vermeiden von Greenwashing. Dies zeigt, dass es wenig zielführend ist, Palmöl pauschal zu verteufeln, sondern auf verlässliche Labels gesetzt werden sollte. Das RSPO-Siegel ist sicherlich nicht zertifiziertem Öl vorzuziehen, aber aufgrund der tiefen Standards dennoch bedingt empfehlenswert. Achten Sie auf vertrauenswürdige Siegel wie die Bio-Knospe oder das EU-Bio-Siegel, auch Fairtrade-Label wie Fair for Life sind gute Indikatoren, dass zumindest gewisse Standards bezüglich fairer Arbeitsbedingungen eingehalten werden.
Für die Zukunft besteht ein grosses Potenzial bei innovativen biotechnologischen Verfahren wie der Präzisionsfermentation betreffend Ersatzprodukte für Palmöl. Sie ermöglicht die Herstellung pflanzlicher Fettbestandteile im Labor, ähnlich jener von tierischen Produkten, wie etwa Milchbestandteilen oder Kollagen. Die Technologie könnte die Branche mit dieser nachhaltigen, transparenten und ethisch vertretbaren Alternative revolutionieren.
1 FAOSTAT. (o. D.). www.fao.org/faostat/en/#compare
2 Morgans, C. L., Meijaard, E., Santika, T., Law, E., Budiharta, S.,Ancrenaz, M. & Wilson, K. A. (2018). Evaluating the
effectiveness of palm oil certification in delivering multiple sustainability objectives. Environmental Research Letters, 13(6), 064032.https://doi.org/10.1088/1748-9326/aac6f4
3 Pressemitteilung. (o. D.). ECCHR. www.ecchr.eu/pressemitteilung/kritik-an-rspo-zertifiziertem-palmoel-von…
4 Murphy, D. J. (2025b). Agronomy and Environmental Sustainability of the Four Major Global Vegetable Oil Crops: Oil Palm, Soybean, Rapeseed, and Sunflower. Agronomy, 15(6), 1465. https://doi.org/10.3390/agronomy15061465

