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Der Sturm im Wasserglas

Dass die Herstellung von Fleisch besonders viel Wasser benötigt, ist mittlerweile bekannt. Hingegen ist die Gefahr, welche die intensive Nutztierhaltung für unser Trinkwasser darstellt, nur wenigen Menschen bewusst. 

Franziska Herren ist Initiantin der Petition «Gesundes sauberes Was­ser für alle». Sie hat sich intensiv mit dem Thema der Verunreinigung im Trinkwasser beschäftigt und ist überzeugt: «Die aktuelle Tierhaltung in der Landwirtschaft stellt für Menschen, Tiere und Pflanzen ein hohes Gesundheitsrisiko dar».


Wie geschieht Verunreinigung?

Sogenannte Mikroverunreinigungen im Trinkwasser stammen aus unzähligen Produkten des täglichen Gebrauchs. Medikamente, Pestizide, Reinigungsmittel, Kosmetika, Plastik usw. gelangen in den Wasserkreislauf und verbleiben dort, weil die rechtzeitige Aufrüstung der Kläranlagen versäumt wurde. Routinemässig wird unser Trinkwasser derzeit weder auf Mikroverunreinigungen noch auf multiresistente Bakterien getestet, bevor es zur Nutzung freigegeben wird. 2009 gab das Bundesamt für Umwelt (BAFU) jedoch verschiedene Forschungsprojekte zur Analyse der Mikroverunreinigungen in Schweizer Gewässern in Auftrag.  Die Ergebnisse zeigen, dass diese Stoffe nachweislich im Wasser enthalten sind, je nach Versorgungsgebiet und Herkunft in grösseren oder kleineren Mengen. 

Multiresistente Bakterien

Ein weiteres Problem stellt der Einsatz von Antibiotika dar. Heute werden in der Schweiz pro Jahr 53 Tonnen Anti­biotika für die Tiermast eingesetzt. Im Vergleich nimmt die Schweizer Bevölkerung rund 10 Tonnen Antibiotika im Jahr zu sich. Die Antibiotika aus der Tiermast werden via Gülle auf die Felder gebracht und gelangen dadurch auch ins Trinkwasser. Durch diesen übermässigen Einsatz von Antibiotika haben sich mittlerweile multiresistente Bakterien gebildet, die für Mensch und Tier ein hohes Gesundheitsrisiko darstellen. Denn immer häufiger zeigt sich, dass die gängigen Antibiotika wirkungslos sind gegen bestimmte Arten von Bakterien. Die vom Bundesrat eingesetzte Fachkommission für biologische Sicherheit (EFBS) kommt nach einer umfangreichen Untersuchung zum Schluss: «Antibiotika-resistente Bakterien stellen die grösste biologische Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung in der Schweiz dar». 1

Pestizide

Die konventionelle Landwirtschaft hat grosse Auswirkungen auf die Qualität unseres Trinkwassers. Hierzulande werden fast doppelt so viel Pflanzenschutzmittel eingesetzt wie in Österreich oder in Deutschland. Dreiviertel der unerwünschten Chemikalien in unserem Trinkwasser stammen denn auch aus diesem übermässigen Gebrauch im konventionellen  Anbau. Pestizide können in den meisten Klär­anlagen nicht herausgefiltert wer­den und bleiben im Trinkwasser.

Forderungen der Petition

Durch Aufrüstung der bestehenden Kläranlagen wäre es heute möglich, 80% der Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser zu filtern. Der Bund plant, in den nächsten 20 Jahren 100 von insgesamt 700 Abwasserreinigungsanlagen (ARAs) in der Schweiz aufzurüsten. Damit könnten bereits 50% des Abwassers zu 80% von Mikroverunreinigung befreit werden. Damit in der Schweiz die Versorgung mit sauberem, gesundem Trinkwasser sichergestellt ist, fordert die Petition «Gesundes sauberes Wasser für alle», dass das Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) umgehend alle ARAs der Schweiz auf den neusten Stand bringt und das Trinkwasser auf Mikroverunreinigungen und multiresistente Bakterien testet, bevor es zur Nutzung freigegeben wird.   

Bei 20% der Mikroverunreinigungen handelt es sich um Stoffe, die heute noch nicht abgebaut oder herausgefiltert werden können (z. B. Röntgenkon­trastmittel). Solch belastende Reststoffe, die weder abbau- noch filtrierbar sind, müssen abgefangen werden, bevor sie in den Wasserkreislauf gelangen.

Biologische Landwirtschaft

Knapp 12 % aller Schweizer Landwirtschaftsbetriebe sind Bio-Betriebe. Auch wenn die Tendenz steigend ist, produzieren die übrigen 88% weiterhin kon­ventionell, d. h. auch unter Einsatz grosser Mengen an Pestiziden und Antibiotika. Zum Schutz der Gewässer fordert die Petition deshalb, die jährlichen Subventionszahlungen von 3,5 Milliarden Franken mit der Auflage zu verbinden, eine ausschliesslich ökologische Landwirtschaft zu betreiben. Dadurch könnte der Einsatz von Anti­biotika auf ein Minimum reduziert werden und Pestizide wären verboten. Die positiven Auswirkungen einer flächendeckend nachhaltigen Produktion in der Landwirtschaft könnten das Verhalten der Konsumenten beeinflussen. Das Bio-Label würde überflüssig, wenn gesunde Nahrungsmittel ohne Rückstände von Chemikalien und Giften (wieder) zum Standard würden. Wer sich schon heute dazu entschliesst, völlig ohne tierische Produkte zu leben, kann das Problem bereits an der Wurzel lösen. Denn ohne Tierhaltung müssen auch keine Antibiotika eingesetzt werden.    

Was kann ich tun? 

Franziska Herren empfiehlt, dass sich die Konsumenten selber bei ihrer Gemeinde erkundigen, ob das Trinkwasser auf Mikroverunreinigungen oder das Vorhandensein von multiresistenten Bakterien getestet wurde. Bakterien können beispielsweise durch UV Licht eliminiert werden, nicht aber die Mikroverunreinigungen. «Viele Gemeinden haben noch keine Ahnung, was Mikroverunreinigungen sind. Das Nachfragen um die Trinkwasserqualität in der Wohngemeinde hilft dabei, die Verantwortlichen auf das Problem aufmerksam zu machen», ist Franziska überzeugt. 

Die Konsumentinnen und Konsumenten haben es in der Hand, denn wer sich bewusst ist, dass unser wertvollstes Lebensmittel Wasser von der Natur rein und gratis zur Verfügung gestellt wird, achtet auf sein Einkaufsverhalten und agiert im Alltag mit mehr Respekt: Weniger Fleisch, Bio-Lebensmittel, biologisch abbaubare Reinigungs- und Waschmittel, pflanzliche und biologische Kosmetika im Einkaufskorb halten die Wasserqualität hoch. Auch wer sich vegetarisch oder vegan ernährt, hilft, das Trinkwasser zu schützen. Schon eine minimale Reduktion des Fleischkonsums hat Einfluss auf die Produktion und damit auch auf die Einsatzmenge von Antibiotika. Zudem leistet eine mehrheitlich pflanzliche und biologische Ernährung mit saisonalen Lebensmitteln einen gewichtigen Beitrag zur Reduktion des CO2 Aus­stosses.

Bernadette Raschle

Initiative für sauberes Trinkwasser2

Als tatkräftige Unterstützer der Initiative freut es uns sehr, dass diese zustande gekommen ist! Für Januar 2018 wurde sie gemeinsam mit uns in Bern eingereicht. Hier geht es zum Interview mit Franziska Herren, der Initiantin, in der landwirtschaftlichen Zeitung  "Schweizer Bauer" vom 2. Dezember 2017.

  1. «Mikroverunreinigungen in unseren Gewässern» www.bafu.admin.ch/publikationen/publikation/01051
  2. Homepage der Initiative www.initiative-sauberes-trinkwasser.ch
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