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Islam und Vegetarismus

Grundlagen des Islam

Der Islam ist eine von Prophet Mohammed zwischen 622 und 632 in Medina/Saudi-Arabien gestiftete monotheistische Weltreligion. Die Anhänger des Islam werden Muslime genannt. Jedem Muslim vorgeschrieben sind die fünf Hauptpflichten (Pfeiler) des Islam: das Glaubensbekenntnis zu dem einen Gott; das fünfmal täglich zu verrichtende Ritualgebet; die Almosengabe; das Fasten während des Fastenmonats Ramadan und die Wallfahrt nach Mekka. 
Weltweit bekennen sich rund 1,2 Milliarden Menschen zum Islam, der damit die zweitgrösste Religion nach dem Christentum darstellt. Die rund 1,2 Milliarden Muslime werden durch zwei Hauptrichtungen repräsentiert, durch die Schiiten und Sunniten, wobei die Sunniten mit 90% die Mehrheit gegenüber den 10% Schiiten bilden. Das Gesetz des Islam ist gegründet auf Offenbarung – auf den Koran als den Text der Offenbarung, ergänzt durch überlieferte Weisungen und Handlungen des Propheten, die Sunna.

Vegetarismus im Islam

Obwohl der Islam nicht als eine Religion gilt, in der Vegetarismus und Tierschutz viel Platz einnehmen, gibt es doch sehr viele Äusserungen und Geschichten, die über eine enge Verbindung zwischen Mensch und Tier berichten. So ist es beispielsweise den Gläubigen auf ihrer Pilgerfahrt nach Mekka verboten, ein Geschöpf zu töten, solange sie ihren Pilgermantel, den Ihram, nicht abgelegt haben. Weder Laus noch Heuschrecke darf getötet werden. Schon daraus ist zu schliessen, dass das Töten etwas Negatives darstellt. 

Da der Islam eine vergleichsmässig junge Religion ist, sind viele Einzelheiten von Mohammeds Leben, seiner Einstellung gegenüber Tieren und seiner Ernährung bekannt. Es ist bekannt, dass Mohammed seine Vorliebe für verdünnte Milch, Joghurt mit Butter oder Nüssen und Gurken vermischt mit Datteln bekundete. Der Granatapfel war seine Lieblingsfrucht, von der er sich immer wieder wochenlang ernährte. Weiter geht aus den überlieferten autoritativen Lebensbeschreibungen (Hadith) deutlich seine Barmherzigkeit gegenüber den Tieren hervor. So unterwies er beispielsweise seinen Schwiegersohn Ali einst wie folgt: «O Ali, enthalte dich für vierzig aufeinander folgende Tage des Fleischessens. Denn wenn du vierzig Tage hintereinander Fleisch isst, wird dein Herz so hart wie Stein werden und du wirst kein Mitgefühl mehr haben. Deshalb lass davon ab, jegliches Fleisch zu essen.» In einer weiteren bekannten Überlieferung wird über Mohammed erzählt, dass er seine Schüler tadelte, weil sie kein universelles Mitgefühl zeigten. Sie aber sagten, sie seien sehr wohl barmherzig. Mohammed aber antwortete: «Davon habe ich nicht gesprochen. Ich spreche von universellem Mitgefühl.» Und in der sechsten Sure des Korans heisst es: Kein Getier gibt es auf Erden, keinen Vogel, der auf seinen zwei Schwingen dahinfliegt, die nicht Gemeinschaften wären gleich euch. Alle Geschöpfe Allahs sind seine Familie.» (6.39) 

Bei solchen Äusserungen und Geschichten, die eine enge Verbindung zwischen Mohammed und den Tieren aufzeigen, kommt man nicht um die Frage herum, warum denn der Prophet kein Fleischverbot erliess. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Mohammed wusste, dass es nicht jedermanns Sache sei, sich strengen Ernährungsregeln zu unterwerfen. Gerade zu Zeiten Mohammeds waren Bigamie, Trunkenheit und sexuelle Beziehungen zwischen Mutter und Sohn nichts Ungewöhnliches. Wurde ein Mädchen geboren, so schämte man sich und begrub es bei lebendigem Leib (Koran 6.137). Während der vorislamischen Zeit waren also ethisch-moralische Massstäbe nicht hoch im Kurs. Hätte Mohammed das Konsumieren von Fleisch verboten, hätte er die Menschen wohl eher abgeschreckt als für sich gewonnen. So gab er auch zu, dass er bei seiner Lehre die geistige Aufnahmefähigkeit der Menschen berücksichtige: «… denn wenn man mit allen über alles spricht – werden es einige nicht verstehen.»

Praktische Anwendung

Nun werden alle Lehren auf zwei Ebenen offenbart, eine für den Durchschnittsmenschen und eine für geistig Entwickelte. Mohammed: «Die Lehren sind in sieben Dialekten gegeben worden; und in einem jeden Satz gibt es einen äusseren und einen inneren Sinn. … ich habe zwei Arten des Wissens erhalten: Eine davon lehrte ich – hätte ich aber die andere Art gelehrt, hätte es ihnen den Hals gebrochen.»2 So machten der Koran wie die Bibel Zugeständnisse durch die Möglichkeit von Zwischenstufen auf dem Weg zu einer reinen und spirituell fundierten Ernährungsweise: «Verboten ist euch das Verendete sowie Blut und Schweinefleisch und das, worüber ein anderer als Allahs Name angerufen wurde; das Erdrosselte, das zu Tode Geschlagene, das zu Tode Gestürzte oder Gestossene» (5.3). Da im Islam das Konsumieren von Blut untersagt ist, sind Muslime genauso wie die Juden einer Widersprüchlichkeit in ihrer Ernährungsmöglichkeit gegenübergestellt. Denn Blut ist zwar verboten, aber es lässt sich nicht vom Fleisch entfernen, ohne Rückstände im Tierfleisch zu hinterlassen. Wer also Fleisch konsumiert, der konsumiert auch Blut. Ein Zeichen für nachdenkliche Leute. 

So gibt es auch, wie im Christentum und Judentum, in den meisten islamischen Glaubensschulen immer wieder einzelne Gläubige, die sich für die fleischlose Variante entscheiden. Vor allem im Sufismus – in einer Gruppierung innerhalb des Islam – gilt der Verzicht von Fleisch und Alkohol als hohes religiöses Ideal und als Voraussetzung zur Verinnerlichung des Geistes und zur ekstatischen Gottesschau.

  1. M. Hafiz Syed: «Thus Spoke Mohammed», Madras, 1962, S. 8
  2. Zitiert in: Nadarbeg K. Mizra: «The Sayings of Mohammed» in: Reincarnation an Islam, Madras, 1927, S. 4–5
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